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Lehrpfad im Bongert Altenhoven

Plan vom Bongert Altenhoven in Bettembourg

Der Bongert Altenhoven ist mit 12,5 ha und insgesamt über 1.200 Hochstammobstbäumen der größte zusammenhängende Hochstammobstbaumbestand in Luxemburg.

Natur&ëmwelt/Fondation Hëllef fir d’Natur und die Sektion Bettemburg-Monnerich von n&ë haben sich seit Anfang den 1990er Jahre für den Erhalt des Bongerts engagiert. Seit 1993 besteht eine vertragliche Übereinkunft mit dem Ministerium für Nachhaltigkeit und  natur&ëmwelt/Hëllef fir d’Natur, um die praktischen Arbeiten im Bongert zu organisieren. In Zusammenarbeit mit den lokalen Akteuren und über eine staatliche Förderung wurden in den folgenden Jahren viele hundert Obstbäume nachgepflanzt und alte Obstbäume geschnitten.

1998 wurde der Bongert „Um Bierg“ als nationales Naturschutzgebiet ausgewiesen.

 

Geschichte

Nach Forschungen von Norbert Quintus* wurde das Gelände bis 1886 vollständig als Ackerland genutzt. Dies kann man noch am Relief im Bongert erkennen: die Bäume stehen auf flachen Erhebungen, welche durch das Beetpflügen entstanden sind. Hierdurch gewährleistet man eine gute Entwässerung. 1890 wurden die ersten Pflanzungen von Obstbäumen von den drei Gebrüdern Schiltz am südöstlichen Hang auf einer Fläche von 5,5 ha vorgenommen. Weitere umfangreiche Pflanzungen erfolgten 1916 und 1925.

 

Der Bongert war ein wichtiger Teil eines großen prächtigen Gehöfts, welches 1924 errichtet wurde und in der Nähe der jetzigen Autobahnbrücke stand. Die Gebäude wurden errichtet von J.P. Altenhoven und umfassten ein herrschaftliches Bauernhaus, eine große Scheune, Ställe, ein Bienenhaus, Brennerei und Geräteschuppen sowie 2 Pavillons im Bongert.

Zur Erntezeit wurden bis zu 15 Pflücker beschäftigt, um die vielen Zentner Äpfel, Birnen, Mirabellen und Zwetschgen zu pflücken. Der Bongert war ein wichtiger Frischobstlieferant für die Arbeiter der Bettemburger Ziegelei und für die Rümelinger Grubenarbeiterfamilien. Durch die Aufgabe der Landwirtschaft wurde der Bongert nach 1960 verpachtet und bis Mitte der 1990er Jahre wurden keine Baumpflege oder Nachpflanzungen mehr getätigt.

 

Baumbestand und Obstsorten

Durch den Bau der Autobahn Luxemburg-Thionville wurde der Bestand in einen großen Teil mit >1.100 Bäumen und in einen kleinen, zur Ortschaft Bettemburg hin liegenden Teil  mit ca. 180 Bäumen getrennt. Ein Windwurf 1991 entwurzelte nahezu 200 alte Apfelbäume. Nach einer umfangreichen Aufräumaktion wurden anschließend – grösstenteils mit lokalen freiwilligen Helfern - insgesamt  über 300 neue Bäume gepflanzt.

 

Obstsorten-Pfad

Die Obstsortenbestimmungen haben bisher über 80 verschiedene Sorten ergeben, einige konnten jedoch noch nicht bestimmt werden. Das Sortenspektrum im Bongert Altenhoven entspricht dem Angebot der Baumschulen aus der jeweiligen Zeit:

Äpfel: Roter und Weißer Trierischer Weinapfel, Baumanns Reinette, Große Casseler Reinette, Luxemburger Reinette, Roter Eiserapfel, Rheinischer Winterrambour, Großer Rheinischer Bohnapfel, Winter-Goldparmäne, Boikenapfel, Roter Boscoop, Triumph aus Luxemburg, Weißer Wintertaffet, u.a.

Birnen: Neelchesbirne, Pastorenbirne, Sievenicher Mostbirne, u.a.

Pflaumen: Hauszwetsche, Nancy-Mirabelle, Von Flotow-Mirabelle, Wangenheimer Frühzwetsche, Prënzeprommen, u.a.

Bei den Neupflanzungen wird Wert darauf gelegt, angepasste, traditionelle und robuste Sorten zu pflanzen.

 

Pflege und Bewirtschaftung des Bongerts

Die vorhandene Vielfalt des "Bongerts Altenhoven" ergibt sich aus der Größe des Baumbestandes, aus dem Alter der Bäume und einer extensiven, umweltschonenden Pflege. Um diese Vielfalt zu erhalten, ist es erforderlich ein Gleichgewicht zwischen dem Alterungsprozess und dem Erneuern des Baumbestandes zu finden. In diesem Sinne soll die Nutzung erfolgen. Viele Arbeiten und Schriften zur Ökologie und Ökonomie der Streuobstwiesen dokumentieren diese Vorgehensweise und werden bestätigt aus den praktischen Erfahrungen, welche bisher im Bongert gemacht wurden.

Die Arbeiten, welche über ein Jahrhundert von den Bewirtschaftern des Bongerts und ab den 1990er Jahren von großteils ehrenamtlichen Mitgliedern der lokalen natur&ëmwelt Sektion in tausenden Stunden durchgeführt wurden, wird nun in der Regel von professionellen Arbeitern der Naturverwaltung geleistet. Der Bongert ist an einen Bio-Bauern verpachtet, welcher keine chemisch-synthetischen Dünger- und Pflanzenschutzmittel einsetzt. Die Beweidung erfolgt extensiv mit einer Mutterkuhherde womit die Pflanzenvielfalt der Weide erhalten bleibt.

 

Apfelsaft aus dem Bongert Altenhoven

Mit Hilfe der lokalen n&ë-Sektion, den Pfadfindern und Bewohnern aus der Gemeinde werden jedes Jahr viele Äpfel geerntet, um zu Saft –mit einem eigenen Etiquett- verarbeiten zu lassen.

 

Artenreiche Tier- und Pflanzenwelt

Die enorme Vielfalt an Flora und Fauna von Tausenden von Tier- und Pflanzenarten in einem Obstgarten wie dem "Bongert Altenhoven" rechtfertigt, diesen einzigartigen Lebensraum zu schützen.

Insgesamt konnten 69 verschiedene Vogelarten* nachgewiesen werden, davon 21 Brutvogelarten (10 rote Liste Arten): Kleinspecht, Mittelspecht, Gartenrotschwanz, Rotkehlchen, Amsel, Zaunkönig, Gartenbaumläufer, Kleiber, Grauschnäpper, Trauerschnäpper, Neuntöter, Kohlmeise, Blaumeise, Schwanzmeise, Wacholderdrossel, u.a. mehr.

Nicht zu vergessen sind einige Säugetiere wie Mauswiesel, Baummarder, Steinmarder, Gartenschläfer, Siebenschläfer, Haselmaus, Eichhörnchen, Wildkaninchen, Feldhase, Maulwurf, Igel, Zwergfledermaus, u.a. mehr.

 

Artenreiche Weide

Auch wenn es auf den ersten Blick nicht so aussieht, handelt es sich bei der Weide des Bongerts um einen artenreichen Grünlandbestand mit über 50 Pflanzenarten. Durch die spontanen Verbuschungen – die natürlich in Grenzen zu halten sind- erlangt der Bongert etwas Spannendes und Wildes. Der Bongert ist vollständig von einer vorwiegend aus Weißdorn bestehenden Hecke umgeben. Entlang der Autobahn wurde nachträglich eine mehrreihige Hecke angepflanzt.

 

Holzbewohnende Pilze

Einige Mitglieder des "Groupe de Recherche Mycologique de la Société des Naturalistes Luxembourgeois" haben eine große Zahl (>200) von holzbewohnenden Pilzarten entdeckt, darunter auch einige für Luxemburg seltene Arten.

 

Kulturhistorische Wert

Der Bongert Altenhoven stellt aufgrund seiner Größe und seines Alters auch ein historisches Kulturdenkmal dar. Mit dem Verschwinden von Hunderttausenden von Obstbäumen in Luxemburg in den letzten 100 Jahren sind auch sehr viele Obstsorten verschwunden, die ihre spezielle regionale Bedeutung und spezifische Verwendung hatten.

 

Weiher

Am Rande des Bongerts gibt es  zwei freie Wasserflächen. Ein Weiher dürfte als Löschweiher angelegt worden sein und wurde im Winter 1990 ausgebaggert. Trotzdem trocknet er im Sommer meistens aus. Der große Weiher wurde im Sommer 1994 angelegt. Dies erfolgte im Zuge der Bauarbeiten zur Anlage des Lärmschutzwalls entlang der Autobahn.

 

*Quellen/sources: N. Quintus 1993; Regulus 4/93; Historische Bilder/Photos historiques: Archives AC Roeser/Geschichtsfrënn Réiserbann.

* Vogelinventar Ed Melchior, 1994

 

Weitere Infos / Flyer:

Lehrpfad im Bongert Altenhoven

Herausgeber: Administration de nature et forêts
Text, Konzeption, Layout: Raymond Aendekerk, Claudine Felten, natur&ëmwelt/Fondation Hëllef fir d’Natur